„Sicherheit ist eine gemeinsame Aufgabe von Polizei, Kommune und Bürgern“ - Neustadt (Hessen) nimmt an der Sicherheitsinitiative KOMPASS teil
KOMPASS (KOMmunalProgrAmmSicherheitsSiegel) ist eine neue und bundesweit bisher einzigartige Initiative des Landes Hessen. Ziel ist, dass die Städte und Gemeinden Sicherheitsthemen selbständiger angehen und individuelle Lösungen für Probleme vor Ort entwickeln können. Kommunen, Polizei und Bürger sowie weitere gesellschaftliche Akteure sollen an einem Tisch gebracht werden, damit unter Berücksichtigung der lokalen Bedingungen angepasste Maßnahmen auf den Weg gebracht werden.
Zunächst startete KOMPASS mit vier Modellkommunen. Im Juni 2018 wurde die Stadt Neustadt (Hessen) vom Hessischen Ministerium des Inneren und für Sport als erste Kommune im Bereich des Regierungspräsidiums Gießen in die Sicherheitsinitiative aufgenommen. Zwischenzeitlich bewerben sich immer mehr Städte und Gemeinden darum und möchten die Chance nutzen, gemeinsam mit der Polizei das Thema Sicherheit zielorientiert zu besprechen.
Mitte September hatten die Kommune und das Polizeipräsidium Mittelhessen zu einer ersten „Sicherheitskonferenz“ eingeladen. Hieran nahmen Polizeipräsident Bernd Paul, der Leiter der Kriminaldirektion Marburg-Biedenkopf Bodo Koch und der Leiter der Polizeistation Stadtallendorf Renee Kopsch teil. Weiterhin waren Vertreter aus der Kommunalpolitik, der Freiwilligen Feuerwehr, der Erstaufnahmeeinrichtung, der Gemeinwesen- und Jugendarbeit und des Landkreises Marburg-Biedenkopf dabei.
Im Verlauf des Prozesses sollen weitere gesellschaftlich relevante Gruppen wie die Kirchen, die Schule oder Gewerbetreibende mit einbezogen werden.
Bürgermeister Thomas Groll dankte zu Beginn dem Land für die Aufnahme in das Programm, das zumindest auf fünf Jahre angelegt ist. „Ich sehe dies als große Chance an, sich mit einem äußerst wichtigen Thema, der Sicherheit der Einwohnerinnen und Einwohner unserer Kommune, zu befassen. Wichtig ist mir, dass wir objektiv daran gehen und ohne Emotionen. Jeder ist eingeladen, sich dabei konstruktiv einzubringen.“ Groll dankte der Polizei für das gute und vertrauensvolle Miteinander auf allen Ebenen. „Wenn wir Hilfe brauchen, dann wird reagiert. „In Absprache mit der Polizeistation Stadtallendorf wurden die Streifenfahrten in Neustadt erhöht“, so Groll. Polizeipräsident Bernd Paul hob die Initiative des Bürgermeisters zur Aufnahme Neustadts in die Sicherheitsinitiative hervor. „Ihre Kommune war eine der ersten, die bei KOMPASS mitmachen wollte. Viele andere, darunter Gießen und Marburg, beraten jetzt erst darüber. Neustadt ist also durchaus in diesem Bereich ein Vorbild für andere“
Der Polizeipräsident verwies weiter darauf, dass Prävention viel zu wichtig sei, um sie alleine den Behörden zu überlassen. Vielmehr sei ein Miteinander von Polizei, Kommunen und Zivilgesellschaft gefragt. Diese aktive Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger sei ein neuer Ansatz. Vielfach gäbe die Bürgerschaft wichtige Tipps, wo Sicherheit erhöht werden könne, denn wie die Polizei, so habe auch jeder Einzelne ein Lagebild von der Situation vor Ort. „KOMPASS wird auch Neustadt weiterbringen. Wir dürfen dabei keine unrealistischen Erwartungen wecken, sondern müssen schrittweise und bedarfsgerecht vorgehen“, so Bernd Paul.
Kriminaldirektor Bodo Koch stellte den Anwesenden Zahlen aus der Kriminalstatistik der Jahre 2014-2017 für Neustadt vor. Auffällig dabei war, dass die Zahl der zur Anzeige gebrachten Delikte 2014 über 20 % höher war als 2017. In den Jahren 2015 und 2016 war ein Anstieg zu verzeichnen, der 2017 wieder deutlich zurückgegangen ist. Aufgrund der ermittelten Häufigkeitszahl ergab sich zudem, dass die Zahl der zur Anzeige gebrachten Straftaten in Neustadt unter dem Landesdurchschnitt liegt.
Gleichwohl, so Kriminaldirektor Koch, werde das subjektive Sicherheitsempfinden des Einzelnen stark durch die Medien beeinflusst. Auch damit müsse man sich in der heutigen Zeit auseinandersetzen.
Im Rahmen von KOMPASS gelte es mögliche Angsträume vor Ort zu finden und Kriminalitätsängste ernst zu nehmen.
Bürgermeister Thomas Groll nannte hier sowohl den Bürgerpark als auch den Bahnhofsbereich. Zugleich erklärte er die Bereitschaft der Kommune, sich bei etwaigen Lösungen finanziell einzubringen.
Polizeihauptkommissar Holger Götzmann stellte anschließend die Sicherheitsinitiative KOMPASS näher vor. Wichtigster Baustein in der Startphase sei eine repräsentative Bürgerbefragung. Hierzu würden rund 1.000 Bürgerinnen und Bürger in Neustadt von der Universität Gießen aus allen sozialen Schichten, Altersgruppen und Wohnquartieren ausgewählt und angeschrieben. Dies ist für Oktober vorgesehen. Die Anonymität ist gewährleistet. Am einfachsten ist es, den Fragebogen „rund um die Sicherheit“ in Neustadt online auszufüllen. Sollten repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger nicht über einen Internetzugang verfügen, so können sie bei der Stadtverwaltung einen Fragebogen erhalten. Zudem wird es „Vor-Ort-Befragungen“ geben. Die Auswertung erfolgt ebenfalls durch Mitarbeiter der Universität.
Bürgermeister Thomas Groll war es wichtig, dass neben den repräsentativ Ausgewählten jede Einwohnerin und jeder Einwohner der Kommune die Möglichkeit hat, an der Umfrage teilzunehmen. Daher wird der Fragebogen für alle Interessierten auf der Homepage der Stadt Neustadt (Hessen) bzw. im Rathaus zur Verfügung stehen.
„Diese Befragung ermöglicht es, einen Überblick über das Meinungsbild der Bevölkerung zu bekommen. Zudem erhoffen wir uns Erkenntnisse für den weiteren Fortgang von KOMPASS“, so Polizeipräsident und Bürgermeister übereinstimmend. Jetzt, so Thomas Groll, sei Mitmachen gefragt, nicht miesmachen.
Neben der Befragung erarbeitet die Polizei gegenwärtig eine Sicherheitsanalyse für die Kommune.
Nach der Auswertung und anschließenden Interpretation der Befragung wird es daran gehen, umsetzbare Lösungen für Neustadt zu erarbeiten. Hier kann es um Bereiche wie Jugend- und Seniorenprävention, Maßnahmen mit der Schule und der Erstaufnahmeeinrichtung, Videoüberwachung oder einen Schutzmann vor Ort gehen.
„KOMPASS bietet viele Möglichkeiten. Gehen wir es zielorientiert an“, so Bürgermeister Thomas Groll in seinem Schlusswort.
Zum Abschluss erhielt er aus den Händen des Polizeipräsidenten das Logo der Sicherheitsinitiative überreicht.